Ressource Mensch – warum Ihre Mitarbeitenden mehr sein sollten als ihre Namen und Arbeitskraft

Die aktuelle Krise provoziert viel Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Unsichere Zeiten führen dazu, dass Menschen sich umorientieren – lieber auf Nummer sicher gehen, statt ein Risiko zu wagen. Genau jetzt brauchen Führungskräfte Sensibilität und Einfühlungsvermögen. Ein Aufruf zur Selbstreflexion.

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Was jeder Führungskraft zurzeit blüht, sei folgend plakativ, aber an einem realen Beispiel, dargelegt: Die Gastronomie ist eine der Branchen, in denen beinahe jeder Mensch arbeiten kann. Ein Tablett tragen oder Geschirr spülen – dafür braucht es kein Diplom. Deshalb finden viele diese Jobs – je nach Lebenslage – attraktiv. Und doch herrscht gerade überall vollkommene Unterbesetzung, während ganz Deutschland im Biergarten sitzt.

Die Krise und ihre Folgen

Die Gastronomie war bisher eine Branche, die als relativ sicher galt. Schließlich würden die Menschen immer Essen und Trinken müssen, oder? Jetzt, zwei Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie, wissen wir: Wenn Lockdown ist, ist die Gastronomie nicht „systemrelevant“ und ihre Mitarbeitenden haben plötzlich keinen Job mehr, kein Einkommen mehr und wenig Möglichkeit, der Situation zu entkommen.

Nun ist also nicht mehr nur die Bezahlung schlecht, die Arbeitszeiten unregelmäßig und extrem und die Behandlung durch die Führungskräfte je nach Betrieb fragwürdig: Die Gastronomie ist für viele kein sicherer Arbeitsplatz mehr. Und so haben sich viele Menschen umorientiert, einen geregelten Job angenommen, mit besserer Bezahlung und wirklicher Wertschätzung.

Menschen sind unersetzbar

Wer schon mal richtig gute Mitarbeitende verloren hat, weiß, dass sich solche Menschen schwer ersetzen lassen. Während zur Zeit der Industrialisierung die Menschen im Akkord immer wieder die gleiche, wenig anspruchsvolle, Tätigkeit ausführten, war ziemlich egal, wer da jetzt am Band stand. Heute ist das anders – in unserer Dienstleistungsgesellschaft bringen die Menschen sich mit allem ein, was sie mitbringen: ihren Erfahrungen, ihren Ideen, ihrer Kreativität. Und weil jeder Mensch diesbezüglich ein anderes Paket dabeihat und dementsprechend eingesetzt werden kann, nimmt die Austauschbarkeit mehr und mehr ab.

Mitarbeitende, die sich wohlfühlen, werden mit großer Wahrscheinlichkeit ihren Arbeitsplatz nicht freiwillig verlassen wollen. Aber was genau löst dieses Wohlbefinden aus? Menschlichkeit und zwar in Form von Wertschätzung, Anerkennung, einem Zugehörigkeitsgefühl und Lob, das von Herzen kommt – kurz: wenn sie sich gesehen fühlen.

Das gilt natürlich auch dann, wenn es ihnen mal nicht gut geht und sie eine schwere Zeit durchmachen. Privates lässt sich nicht immer von beruflichem trennen und nicht jeder Mensch ist in der Lage, an der Tür zum Unternehmen den Schalter umzulegen. Hinzukommen extreme Situationen, wie beispielsweise der Tod eines Familienmitglieds. Es kann sein, dass der betroffene Mitarbeitende direkt wieder zur Arbeit erscheint, aber weniger leistungsfähiger ist. Das ist nicht unüblich: Wer in tiefer Trauer ist, trägt das Gefühl in Körper und Geist mit sich – auch zum Arbeitsplatz.

Menschlichkeit, eine Frage der Haltung

Sind Mitarbeitende physisch und psychisch mitgenommen, sind Empathie und Menschlichkeit des Arbeitgebers gefordert. Das fällt gerade den Führungskräften schwer, die ihre Mitarbeitenden mehrheitlich als Ressource verstehen, statt als Menschen mit Privatleben voller Wünsche und Ängste.

Wer merkt, dass in solchen Situationen der Mitarbeitenden kein Mitgefühl aufkommt, kann sich folgende Fragen zur Selbstreflexion stellen:

•          Was sagt das über mich aus?

•          Habe ich mich von meinem Mitarbeitenden distanziert?

•          Habe ich Zugang zu meinen eigenen Gefühlen?

In meiner Arbeit als Coach habe ich schon oft erlebt, dass der eigene Umgang mit Menschen daher rührt, welchen Zugang jemand zu sich selbst hat. Wenn ich zu meinen Gefühlen keinen Zugang habe, wie soll ich empathisch anderen gegenüber sein? Wer dies lernen oder vertiefen möchte, für den kann ein Coaching der erste Schritt sein.

Falls eine Führungskraft ihre Mitarbeitenden als dauerhaft schlecht gelaunt, unzufrieden und unproduktiv empfindet, lohnt es sich, diesen Eindruck zu überprüfen. Gute Anhaltspunkte dafür können sein:

•          Den Mitarbeitenden nach seinen Bedürfnissen befragen.

•          Wirklich an dem Mitarbeitenden interessierte Fragen stellen, aktiv Zuhören.

•          Keine vorschnellen Schlüsse ziehen, keine Ratschläge verteilen, sondern versuchen, die Situation zu verstehen.

•          Den Mitarbeitenden in schwierigen Zeiten Coachings anbieten, um mentale Unterstützung zu leisten.

•          Ein Arbeitsumfeld erschaffen, in dem Mitarbeitende sich einbringen und wachsen können, sich ausprobieren dürfen, lernen und durch gemachte Erfahrungen über sich hinauswachsen können.

•          Und am wichtigsten: An der eigenen Empathiefähigkeit arbeiten.

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