Was nicht passt, wird passend gemacht. Vorsicht: das gilt nicht für Scrum und Kanban

„Wir machen das auf unsere Art!“ „Wenn es nicht passt, ändern wir es!“ „Die Methode muss sich nach uns richten, nicht wir uns nach ihr!“ In einigen Fällen mögen diese Aussagen stimmen, allerdings nicht, wenn es um agile Tools wie Scrum und Kanban geht. Hier lässt sich nicht mal eben etwas zurechtsägen oder ankleben.

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Wenn diese Methoden – oft auch im guten Glauben – eigenmächtig angepasst oder gar unwissentlich missbraucht werden, führt das nicht selten zu Chaos, Ineffizienz oder wirtschaftlichem Schaden.

 

Die Verlockung der Anpassung ist ein zweischneidiges Schwert

Agile Methoden wie Scrum und Kanban bieten einen klaren Rahmen für die Zusammenarbeit in Teams. Doch oft werden diese Frameworks mit guten Absichten angepasst, um besser zur eigenen Arbeitsweise zu passen. Zunächst klingt das sinnvoll, schließlich möchte sich niemand „verbiegen“ nur um zu den Methoden zu passen, doch auf lange Sicht birgt dieses Vorgehen enorme Stolpersteine.

 

Das alte Paradigma vs. das neue Paradigma

Um die Herausforderungen bei der Implementierung agiler Methoden besser zu verstehen, gehen wir zunächst einen Schritt zurück und werfen einen Blick auf zwei grundlegende Organisationsparadigmen: das alte Paradigma der Organisationen als Maschinen und das neue Paradigma der Organisationen als lebende Organismen.

 

Organisationen als Maschinen

Traditionell wurden Organisationen oft als Maschinen betrachtet – stabil, hierarchisch strukturiert und durch lineare Prozesse gesteuert. Dieses Modell wurde stark von den Ideen des wissenschaftlichen Managements geprägt, wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts von Frederick Taylor und Henry Ford entwickelt wurden. Entscheidungen fließen von oben nach unten durch eine starre Hierarchie, wobei Effizienzsteigerung durch strikte Kontrolle im Vordergrund steht. Der Fokus dieser Organisationen lag stark auf der langfristigen Planung und Kontrolle sowie der Maximierung der Arbeitsproduktivität durch standardisierte Prozesse.

Viele Organisationen tragen diese traditionellen Wurzeln noch immer in ihrer Unternehmens-DNA und tendieren deshalb auch dazu, ihre agilen Methoden an diese Arbeitsweisen anzupassen. Bei zwei so gegensätzlichen Arbeitsweisen ist das Scheitern schon vorprogrammiert. Unternehmen müssen hier im ersten Schritt einen Paradigmenwechsel vornehmen.

 

Organisationen als lebende Organismen

Moderne agile Organisationen sehen sich eher als lebende Organismen – flexibel, anpassungsfähig und dynamisch. Diese Sichtweise drückt sowohl Stabilität als auch Dynamik aus und ermöglicht es Unternehmen, sich schnell an verändernde Umstände anzupassen. Agile Organisationen bestehen aus Netzwerken von Teams innerhalb einer menschenzentrierten Kultur, die in schnellen Lern- und Entscheidungszyklen operieren und durch Technologie unterstützt werden. Der Fokus liegt auf flexiblen Netzwerken statt starrer Hierarchien, kontinuierlichem Lernen und schneller Entscheidungsfindung sowie der nahtlosen Integration moderner Technologien zur Wertschöpfung.

 

Fehlende Expertise – der blinde Fleck vieler Teams

Eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern agiler Methoden ist das Fehlen ausgebildeter Coaches oder Scrum Master mit Praxiserfahrung. Diese Experten sind nicht nur dafür da, den Prozess zu moderieren, sondern auch, um das Team in Sachen effizienter Zusammenarbeit und Kommunikation zu schulen. Ohne diese Kompetenzen wird Scrum oft missverstanden und falsch angewendet.

 

Missbrauch von Methoden – wenn Storypoints zu Zeitschätzungen werden

Ein weiteres häufiges Problem ist der Missbrauch von agilen Methoden. So werden beispielsweise Storypoints – ein Maß für den Aufwand einer Aufgabe – fälschlicherweise als Zeitschätzungen verwendet. Dies führt nicht nur zu aufwendigen und wenig erfolgversprechenden Diskussionen über Zeitschätzungen, sondern auch zu einer Verzerrung des eigentlichen Zwecks der Methode.

 

Alles in Bearbeitung – der Fluch der fehlenden Fokussierung

Ein weiteres Symptom für den falschen Einsatz agiler Methoden ist die gleichzeitige Bearbeitung zahlreicher Aufgaben ohne klare Priorisierung. Dies führt dazu, dass Projekte ewig dauern und die Transparenz leidet. Ohne klare Fokussierung verliert das Team den Überblick und die Effizienz sinkt drastisch.

 

Agilität richtig verstehen und anwenden

Leider ziehen viele Teams nach gescheiterten Versuchen mit angepasstem Scrum oder Kanban die falsche Schlussfolgerung: „Agilität passt bei uns nicht.“ Dabei liegt das Problem oft nicht in der Methode selbst, sondern in ihrer fehlerhaften Anwendung.

 

Die Rolle des Coaches

Ein erfahrener Coach oder Scrum Master kann hier Abhilfe schaffen. Sie bringen nicht nur das nötige Wissen mit, sondern begleiten das Team auch durch die Höhen und Tiefen des agilen Prozesses, zeigen Wege auf und führen das Team Stück für Stück näher an die Agilität heran.

 

Kommunikation und Transparenz sind die Säulen erfolgreicher Agilität

Effiziente Zusammenarbeit basiert auf guter Kommunikation und Transparenz. Agile Methoden bieten hierfür zahlreiche Werkzeuge – vom Daily-Stand-up bis hin zum Retrospektiv-Meeting. Diese sollten jedoch nicht nur formal abgehalten, sondern wirklich gelebt werden.

 

Agilität erfordert Disziplin und Expertise

Agile Methoden wie Scrum und Kanban bieten enorme Potenziale für effiziente Zusammenarbeit – wenn sie richtig angewendet werden. Anpassungen sollten stets gut überlegt sein und auf fundiertem Wissen basieren. Nur so können Teams die volle Power der Agilität für ihre Projekte nutzen. Schon der Philosoph Heraklit wusste: „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ So gehört auch heute noch der Erfolg denen, die bereit sind zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern.

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