Warum Flüsse nicht aufwärts fließen und was Kanban damit zu tun hat

Wer gerade ein neues Projekt plant oder das bisherige System verbessern möchte, steht vor zahlreichen Möglichkeiten: von der Wasserfall-Methode über Netzplantechnik und Six Sigma hin zu Scrum, Lean und Kanban. Das Projektmanagement hält viele Methoden und Ansätze bereit, die darauf abzielen, die Effizienz und Produktivität von Teams zu steigern.

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Ich widme mich im Folgenden Kanban und dort im Speziellen dem Grundsatz: „Flüsse fließen nicht aufwärts“.

 

Der natürliche Workflow gleicht dem Wasser in einem Fluss

Ein Fluss hat seinen Ursprung an einer Quelle, fließt durch verschiedene Landschaften und mündet schließlich fast immer ins Meer. Auf seinem Weg passiert es verschiedene Stationen – mal schnell, mal langsam, schmaler oder breiter, aber es gibt immer nur eine Richtung. Flüsse, die vom Meer in die Berge fließen, also entgegen der Schwerkraft, gibt es nicht.

Übertragen wir das ins Unternehmen, so gibt es auch doch Arbeitsflüsse. Teilweise ist dies sehr offensichtlich, z. B. bei der Fließbandarbeit oder anderweitig in der Produktion. Dort lässt sich auch schnell erkennen, wenn sich ein Engpass bildet, der den Fluss verlangsamt. Bei der Wissensarbeit sind die Probleme nicht so leicht zu erkennen. An dieser Stelle kommt Kanban ins Spiel.

Die Aufgaben in einem Kanban-System sollten einen natürlichen Fortschritt von einer Phase zur nächsten durchlaufen, ohne zurückzufließen. Dieser kontinuierliche Fluss verhindert Rückstau und Überlastung in bestimmten Bereichen des Prozesses. Wenn Aufgaben rückwärts bewegt werden müssen, deutet dies oft auf Probleme im Workflow hin.

 

Das Pull-Prinzip: Arbeit ziehen statt schieben

Kanban beruht auf dem Pull-Prinzip. Das bedeutet, dass sich eine Person ihre Aufgaben bewusst auswählt und an sich zieht. Im Gegensatz zu traditionellen Methoden, bei denen Arbeit „geschoben“ wird (d. h., Aufgaben werden den Mitarbeitenden zugewiesen), basiert Kanban darauf, dass Arbeit „gezogen“ wird. Das bedeutet, dass eine Aufgabe erst dann in die nächste Phase übergeht, wenn dort Kapazität vorhanden ist.

Zudem haben zahlreiche Studien gezeigt, dass Menschen nicht fürs Multitasking gemacht sind. Werden wir mit zu vielen Aufgaben gleichzeitig betraut, wie es in Unternehmen oft der Fall ist, wenn diese den Mitarbeitenden zugeteilt werden, sind wir schnell überfordert. Dann leidet nicht nur die Psyche, sondern auch die Qualität unserer Arbeit. Dennoch sind viele Menschen im Berufsleben oft mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert. Kanban soll dabei helfen, diese Aufgaben nacheinander und gut organisiert zu erledigen. Dazu werden die Aufgaben gesammelt und in verschiedene Spalten und Zustände unterteilt, sodass sie für alle Beteiligten sichtbar sind.

 

Vermeidung von Rückfluss mit ein paar Ausnahmen

Das Kanban-Credo „Flüsse fließen nicht aufwärts“ betont auch die Wichtigkeit der Vermeidung von Rückfluss. Idealerweise sollten Aufgaben nicht rückwärts in frühere Phasen bewegt werden – außer in Ausnahmefällen. Dies würde dem natürlichen Fluss entgegenwirken und weist auf Probleme im Prozess hin.

Wenn eine Aufgabe beispielsweise von der Testphase zurück zur Entwicklungsphase bewegt werden muss, könnte dies bedeuten, dass es während der Entwicklung Fehler gab oder Anforderungen nicht klar definiert waren. Solche Rückflüsse sind Warnsignale dafür, dass der Prozess überprüft und optimiert werden muss.

 

Visualisierung von Engpässen schafft Klarheit

Einer der größten Vorteile eines Kanban-Boards ist die visuelle Darstellung des Arbeitsflusses. Indem der Fluss von Aufgaben klar visualisiert wird, lassen sich für Teams Engpässe und Blockaden leichter identifizieren und beseitigen.

Um sicherzustellen, dass Ihr Kanban-System reibungslos funktioniert und Ihre Aufgaben effizient durch die verschiedenen Phasen fließen, sind hier einige praktische Tipps:

 

Beobachten Sie den Fluss Ihrer Aufgaben

Achten Sie darauf, dass Aufgaben kontinuierlich und ohne unnötige Verzögerungen durch die verschiedenen Phasen Ihres Kanban-Boards fließen. Identifizieren und beheben Sie Blockaden schnell. Ein regelmäßiger Blick auf das Board hilft dabei festzustellen, ob irgendwo Engpässe entstehen oder ob bestimmte Phasen überlastet sind.

 

Nutzen Sie das Pull-Prinzip effektiv

Stellen Sie sicher, dass Ihr Team das Pull-Prinzip versteht und anwendet. Arbeiten Sie immer nur an so vielen Aufgaben gleichzeitig, wie Ihre Kapazität zulässt. Dies gewährleistet einen reibungslosen Fluss und verhindert Überlastung einzelner Teammitglieder oder Phasen.

 

Regelmäßige Retrospektiven durchführen

Führen Sie regelmäßig Retrospektiven durch, um den Workflow zu analysieren und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Fragen Sie sich gemeinsam im Team: Wo gab es Rückflüsse? Welche Engpässe sind aufgetreten? Wie können wir unseren Prozess optimieren?

 

Klare Definitionen für jede Phase

Definieren Sie klar die Kriterien für jede Phase Ihres Kanban-Boards. Was bedeutet es genau, wenn eine Aufgabe als „fertig“ markiert wird? Welche Schritte müssen abgeschlossen sein? Klare Definitionen helfen dabei, Missverständnisse zu vermeiden und sorgen für einen reibungslosen Übergang zwischen den Phasen.

 

Kontinuierliche Verbesserung als Ziel

Kanban ist kein statisches System – es lebt von kontinuierlicher Verbesserung. Seien Sie offen für Veränderungen und Anpassungen im Prozess. Nutzen Sie Feedback aus dem Team aktiv zur Optimierung des Workflows.

 

Den natürlichen Fluss bewahren

Der natürliche Fortschritt von Aufgaben sollte stets gewahrt bleiben. Indem wir uns bewusst machen, wie wichtig ein kontinuierlicher Arbeitsfluss ist – ähnlich dem unaufhaltsamen Lauf eines Flusses – schaffen wir optimale Bedingungen für erfolgreiche Projekte ohne unnötige Verzögerungen oder Überlastungen einzelner Bereiche unseres Workflows.

Lassen auch Sie Ihren Arbeitsfluss natürlich fließen – wie das mittels Kanban funktioniert, beantworte ich Ihnen gerne in einem persönlichen Termin